Ein fruchtbringender Kirschbaumschnitt hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um eine Süßkirsche oder eine Sauerkirsche handelt. Abgesehen vom besten Zeitpunkt für den Erziehungsschnitt, haben beide Kirschbaum-Arten wenige Berührungspunkte in der Schnittpflege. Nach der Lektüre dieser Anleitung sind Sie vertraut mit den Unterschieden und wissen genau, wann und wie Sie einen Kirschbaum richtig schneiden.
Wann ist der beste Zeitpunkt?
Kirschbäume zählen zu den starkwüchsigen Obstbäumen. Aus diesem Grund hat sich im privaten und gewerblichen Anbau der Sommer als bester Zeitpunkt für den Kirschbaumschnitt durchgesetzt. Das gilt für Süßkirschen und Sauerkirschen gleichermaßen. Für diesen Termin spricht fernerhin, dass kleine und große Schnittwunden inmitten der Vegetationsperiode schneller heilen. Überdies können in einer ausgelichteten Krone noch im gleichen Jahr die nächsten Knospen angelegt werden, was sich förderlich auswirkt auf die Fruchtholzverjüngung und einen verbesserten Ernteertrag.
- Kirschbaum schneiden nach der Ernte im Sommer
- Idealerweise einen Termin wählen zwischen Ende Juli und Ende August
- Spätester Zeitpunkt für den Kirschbaumschnitt ist bei Herbst-Beginn
Ein trockener Tag ohne pralle Sonne und schweißtreibende Temperaturen ist perfekt geeignet für den fachmännischen Kirschbaumschnitt. In den Tagen und Wochen zuvor sollte es keinen Dauerregen gegeben haben, denn nasses Holz ist nicht geeignet für Schnittmaßnahmen.
Hinweis: Wussten Sie, dass Sie mit dem Zeitpunkt des Rückschnitts Einfluss nehmen können auf das Wachstum im Kirschbaum? Eine alte Bauernregel besagt: ‚Willst du einen Obstbaum tragen sehen, schneidest du ihn im Sommer. Willst du einen Obstbaum wachsen sehen, schneidest du ihn im Winter.‘ Sofern Sie mit einer schwachwüchsigen Kirsche hadern, verlegen Sie daher den Termin für den Kirschbaumschnitt einfach in den Spätwinter.
Süßkirsche und Sauerkirsche – Was sind die Unterschiede?
Sind Sie mit den wesentlichen Unterschieden zwischen Süßkirsche und Sauerkirsche vertraut, gehen Sie mit Selbstvertrauen an den Erziehungsschnitt heran. Der später folgende Erhaltungsschnitt wird Ihnen dann ebenfalls kein Kopfzerbrechen mehr bereiten. Die folgende Übersicht bringt das abweichende Wuchsverhalten beider Kirschbaumarten auf den Punkt:
Süßkirsche, Herzkirsche, Knorpelkirsche (Prunus avium ssp)
- Wuchsgewaltig mit bis zu 20 Metern Höhe
- Entwickelt von Natur aus eine pyramidale Krone
- Blüht und fruchtet an den zwei- und dreijährigen Trieben
- Blütezeit im April, daher anfällig für Spätfrost
- Angewiesen auf Fremdbefruchtung
Sauerkirsche, Schattenmorelle (Prunus cerasus)
- Schwachwüchsiger mit 1 bis 10 Metern Höhe
- Entwickelt eine buschige Krone oder strauchartigen Habitus
- Blüht und fruchtet vornehmlich an den vorjährigen Trieben
- Blütezeit im April und Mai, weniger Spätfrost-anfällig
- Neigt zur Bildung von langen Peitschentrieben
- Selbstfruchtbar
Video-Anleitung
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Tipp: Geht es um die beste Pflanzzeit, ziehen Süßkirschen und Sauerkirschen an einem Strang. Beide Kirschbaum-Arten möchten vorzugsweise im Herbst ihren Platz im Gartenboden einnehmen. Das Frühjahr wird gleichwohl als Ausweichtermin für die Pflanzung toleriert.
Süßkirsche schneiden – Anleitung für den Erziehungs- und Erhaltungsschnitt
In der Baumschule gibt der Pflanzschnitt von Meisterhand bereits die optimale Pyramidenkrone vor. Eine junge Süßkirsche verfügt über einen Stamm, der als Krone 3 bis 4 gleichmäßig verteilte Leitäste trägt. Mit leicht abweichenden Ansatzhöhen gedeihen die Enden der Leittriebe auf einer Ebene etwa 20 cm unterhalb der Stammspitze. Hauptäste und Stammspitze formieren sich zu einem gedachten Dreieck, dass im Fachjargon als Saftwaage bezeichnet wird. Mitteltrieb und Leitästen entsprießen waagerechte Seitenzweige mit dem wichtigen Fruchtholz, das nach zwei bis drei Jahren Blüten und Früchte trägt. Dieses Grundgerüst zu bewahren und zu fördern, ist in den ersten 5 bis 10 Jahren Ziel im Erziehungsschnitt. Hat eine Süßkirsche nach dieser Zeit den Zenit ihrer Ertragskraft erreicht, mündet der Kirschbaumschnitt in die Erhaltung. So schneiden Sie den Kirschbaum richtig:
Konkurrenztriebe abschneiden
Bevor Sie sich der eigentlichen Kronenerziehung widmen, nehmen Sie alle Zweige ins Visier, die nicht zum Grundgerüst gehören. In erster Linie betroffen sind Konkurrenten zum Stamm mit steil aufwärts gerichtetem Wuchs. Fernerhin zielt die Maßnahme ab auf die Beseitigung von Ästen, die unterhalb der Krone dem Mitteltrieb entsprießen. Schneiden Sie diese Triebe auf Astring ab. Zu diesem Zweck setzen Sie die Säge oder Schere so an, dass der wulstige Übergang zum Stamm oder Leitast nicht verletzt wird. Ein langer Stummel darf ebenfalls nicht übrig bleiben, weil diese Stellen von pathogenen Erregern gerne als Eintrittspforte missbraucht werden.
Anleitung für die Kronenerziehung
Haben Sie den Kirschbaum vom Ballast befreit, befassen Sie sich mit der Kronenerziehung. Die folgende Schnittführung formt einen ertragreichen Süßkirschenbaum:
- Triebe unterhalb einer waagerechten Ausrichtung abschneiden
- Alternativ herabhänge Zweige zurückschneiden auf einen waagerechten Trieb
- Abgetragenes Fruchtholz auf Astring schneiden oder auf 4 Augen einkürzen
- Bukett-Triebe nicht schneiden
Das wertvollste Holz an Ihrer Süßkirsche sind die Bukett-Triebe. Dabei handelt es sich um zwei- und dreijährige Zweige mit einer Ansammlung aus mehreren Blütenknospen und mindestens einer Holzknospe. Eine waagerechte bis leicht aufrechte Wuchsrichtung zeichnet einen vitalen Bukett-Trieb ebenfalls aus. Das Fruchtholz bleibt von der Schere unbehelligt. Einzige Ausnahme sind steil aufwärts wachsende Fruchtäste, die sich zu Stamm-Konkurrenten entwickeln. Hegen Sie Zweifel, wie Sie mit einem Seitentrieb verfahren sollen? Dann schneiden Sie diesen Zweig auf Scherenlänge zurück und beobachten sein weiteres Wuchsverhalten. Einen senkrechten Seitentrieb mit dem Potenzial zum Bukett-Trieb binden Sie mit einer Schnur in die Waagerechte oder beschweren ihn für einige Zeit mit einem Stein.
Tipp: Wächst Ihnen ein Kirschbaum über den Kopf, regulieren Sie das Höhenwachstum mit einem gezielten Schnitt. Kappen Sie den Stamm auf die gewünschte Höhe, sodass sich die Spitze etwa 20 cm oberhalb flach ausgerichteter Zweige befindet. Dieser Ableitungsschnitt wirkt sich zugleich beruhigend auf die Wachstumsgeschwindigkeit aus.
Anleitung für den Erhaltungsschnitt
Erfahrungsgemäß ist die Erziehung von Süßkirschen nach 10 Jahren abgeschlossen. Um die Ertragskraft des Kirschbaums bis ins hohe Alter zu bewahren, darf die Krone nicht vergreisen. Der Erhaltungsschnitt fokussiert daher auf eine kontinuierliche Fruchtholzverjüngung und eine lichtdurchflutete Krone. So gelingt es:
- Totholz gründlich auslichten
- Bleistiftdünne, schwache Zweige am Ansatz abschneiden
- Nach innen gerichtete, sich kreuzende oder reibende Triebe entfernen
- Wenn möglich, abgetragenes Fruchtholz auf einen jungen Zweig ableiten
Die Wuchskraft des Kirschbaumes gibt vor, wann Sie einen Erhaltungsschnitt auf die Tagesordnung setzen. Betagte Süßkirschen reduzieren den jährlichen Zuwachs, sodass Sie lediglich alle zwei bis drei Jahre vor dem Herbst zur Schere greifen müssen.
Sauerkirsche schneiden – Anleitung für den kombinierten Erziehungs- und Erhaltungsschnitt
Der Erziehungsschnitt formt an Sauerkirschen eine kompakte Krone und stellt die Weichen für beste Fruchtbarkeit. Dem Erhaltungsschnitt obliegt die Aufgabe, die erzielten Resultate auf Dauer zu bewahren. Da diese Kirschbaum-Art an den vorjährigen Trieben blüht und fruchtet, ist ein alljährliche, kombinierter Erziehungs- und Erhaltungsschnitts vor dem Herbst unerlässlich für das kontinuierliche Wachstum junger Fruchthölzer. Im Gegensatz zu Süßkirschen, bilden Sauerkirschen buschige, dichte Kronen und häufig herabhängenden Zweigen, sodass die Auslichtung schon in jungen Jahren fester Bestandteil beim Kirschbaumschnitt ist. Mit folgender Schnittführung verfahren Sie richtig:
- Abgeerntete Zweige zurückschneiden auf eine bis zwei Knospen
- Ebenso mit älteren, stärkeren Ästen verfahren
- Herabhängende Peitschentriebe wahlweise auf Astring verschneiden oder ableiten auf einen waagerechten Ast
- Alle Konkurrenztriebe zum Stamm an der Basis abschneiden
- Abgestorbene, kranke und schwache Triebe auslichten
Im unteren Drittel einer Sauerkirsche ist das Wachstum weniger ausgeprägt. Es ist daher von Vorteil, wenn in dieser Region die Fruchttriebe etwas aufrechter stehen, als im oberen Drittel. In Wipfelnähe belassen Sie waagerechte Zweige und entfernen herabhängende sowie steil aufwärts gerichtete Triebe. Neue Triebe dieses Jahres schneiden Sie bitte nicht an. Da sie bereits im nächsten Jahr zahlreiche Früchte tragen, geht dem Holz andernfalls die nötige Tragkraft verloren.
Tipp: Als Säulenobst stellen Süß- und Sauerkirschen ihre Wuchskraft ebenfalls unter Beweis. Um die schlanke Kirschbaum-Variante richtig zu schneiden, greifen Sie nach der Ernte zur Schere. Alle abgetragenen Seitentriebe kürzen Sie ein bis auf 2 oder 3 Augen. Abgestorbene und schwache Äste werden ausgelichtet. Ab 100 cm schneiden Sie den Leittrieb auf die gewünschte Höhe zurück.
Verjüngungsschnitt – ein praxiserprobter Leitfaden
Wird ein Kirschbaum mehrere Jahre nicht geschnitten, vergreist die Krone sukzessive von innen heraus. Abhängig vom Fortschritt dieser ungünstigen Entwicklung, bringen Sie Blühfreudigkeit und Fruchtertrag im Rahmen einer Kronen-Regeneration wieder in Schwung. Wann Sie den Verjüngungsschnitt durchführen, unterliegt allerdings nicht allein Ihrer Entscheidung. Radikale Schnittmaßnahmen erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz zum Schutz von Vögeln und Kleintieren einzig im Herbst und Winter. Zwischen dem 1. März und 30. September sind lediglich Pflegeschnitte gestattet. Während bezüglich der Terminwahl Vorsicht geboten ist, erfordert die Schnittführung selbst ein beherztes Vorgehen. So verjüngen Sie einen vergreisten oder betagten Kirschbaum richtig:
- Sämtliches Totholz am Ansatz abschneiden
- Überhängende Gerüstäste zurückschneiden auf junge Verzweigungen, sofern vorhanden
- Den Stamm heraussuchen und alle steilen Konkurrenztriebe entfernen
- Leittriebe identifizieren und um zwei Drittel bis drei Viertel einkürzen
- Ins Kroneninnere wachsende, sich kreuzende und reibende Zweige einkürzen oder entfernen
- Die Stammverlängerung einkürzen bis auf 20-25 cm über dem ersten Leittrieb
Ziel dieser Schnittführung ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Pyramidenkrone. Sofern Sie die Leittriebe nicht mehr identifizieren können, übernehmen die 3 bis 4 kräftigsten Zweige ab nun diese Aufgabe. Fordert ein Verjüngungsschnitt mehr als 40 Prozent des gesamten Kronenvolumens, teilen Sie den Rückschnitt bitte auf in 2 Etappen im Abstand von 12 Monaten.
Diese Fehler sollten Sie im Kirschbaumschnitt vermeiden
Fehler Nr. 1: Einjährige Triebe anschneiden
Auf jeden Schnitt erfolgt eine Gegenreaktion in Form eines verstärkten Austriebs und Längenwachstums. Solange sich ein Kirschbaum auf die Gewinnung von Höhe konzentriert, vernachlässigt er das Wachstum von Knospen, Blüten und Früchten. Lassen Sie daher einjährige Triebe bitte ungeschnitten. Das Resultat sind langsamer wachsende Zweige, garniert mit zahlreichen Blütenknospen.
Fehler Nr. 2: Fehlender Pflanzschnitt
Erhält ein Kirschbaum keinen Pflanzschnitt, ist dies der denkbar schlechteste Start ins lange Obstbaum-Leben. Wird ein Jungbaum ausgeschult, geht ein großes Wurzelvolumen verloren. Die verminderte Wurzelmasse ist nicht in der Lage, eine gleichbleibende Anzahl an Trieben zu versorgen. Daher werden alle Seitenäste sowie die Stammverlängerung an Kernobst, wie dem Kirschbaum, um die Hälfte eingekürzt.
Fehler Nr. 3: Falsche Schnitt-Technik
Kürzen Sie gemäß Anleitung einen Zweig um die Hälfte oder ein Drittel ein, setzen Sie die Schere nicht irgendwo am Trieb an. Suchen Sie vielmehr gezielt nach einem Auge, das nach außen weist. Ein Auge ist erkennbar als leichte Erhebung unter der Rinde. Den Schnitt führen Sie in einer Distanz von 3 bis 5 mm oberhalb dieser Knospe aus. Bleibt ein größerer Stummel stehen, trocknet das Holz zurück bis zum nächsten Auge. Diese Schwachstelle behindert nicht nur das weitere Wachstum, sondern dient Krankheiten und Schädlingen als Angriffsfläche.
Werkzeug und Zubehör für den Kirschbaumschnitt
Mit der passenden Ausstattung geht der Kirschbaumschnitt leichter von der Hand und Sie können sich auf die Schnittführung konzentrieren. Nachdem Sie diese Anleitung unterrichtet hat, wann und wie Sie einen Kirschbaum richtig schneiden, dürfen fundierte Hinweise nicht fehlen, womit Sie zu Werke gehen. Das sollte zu Ihrer Grundausstattung gehören:
- Handschere für den Schnitt dünnerer Zweige, vorzugsweise als Bypass-Schere
- Zweihand-Baumschere zum Verschneiden dicker Äste mit Teleskop-Griff und doppelter Hebelübersetzung
- Handklapp-Säge mit Japanzahnung für glatte Schnitte
- Stabile Leiter für große Bäume
- Handschuhe
Moderne Gartenscheren sind abgestimmt auf jeden Handtyp. Sie haben die Wahl unter Modellen für kleine Hände, Linkshänder oder mit Rollgriffen für ermüdungsfreies Arbeiten ohne Sehnenscheidenentzündungen. Achten Sie bitte auf gute Stoßdämpfer, um Ihre Handgelenke zu schonen. Wir empfehlen eine Schere mit dem Funktionsprinzip ‚Klinge und Gegenklinge‘. Diese Bypass-Schere garantiert für eine glatte Schnittwunde. Im Gegensatz dazu ist eine Amboss-Schere ausgestattet mit einer scharfen Klinge und einer stumpfen Unterlage, sodass funktionsbedingt mit Quetschungen und einer unsauberen Schnittführung zu rechnen ist.